Pubertät bei Hunden: Was ist nun wichtig?
Die Pubertät ist eine spannende, aber oft auch anstrengende Zeit sowohl für Hunde als auch für ihre Halter. In dieser intensiven Entwicklungsphase verändert sich nicht nur der Körper des Hundes, sondern auch sein Verhalten. Viele Hundebesitzer sind überrascht, wie stark sich ihr einst folgsamer Welpe plötzlich wandelt. In diesem umfassenden Artikel erfährst du alles über die Pubertät bei Hunden, welche Herausforderungen und Veränderungen auf dich zukommen und wie du deinen Hund optimal durch diese turbulente Zeit begleitest.
Was bedeutet Pubertät bei Hunden?
Die Pubertät beim Hund ist die Übergangsphase vom Welpen- zum Erwachsenenalter. Sie beginnt je nach Rasse, Größe und individuellem Entwicklungsstand etwa zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat, bei großen Rassen manchmal auch erst später, und kann bis zu zwei bis drei Jahre andauern [1]. Diese Phase ist geprägt von tiefgreifenden hormonellen Umstellungen, die eine Vielzahl körperlicher und psychischer Veränderungen auslösen [2].
Wie äußert sich die Pubertät bei Hunden?
Während der Pubertät machen Hunde massive Entwicklungssprünge durch. Diese betreffen sowohl den Körper als auch das Verhalten und können Halter vor neue Herausforderungen stellen.
Körperliche Veränderungen
- Wachstum und Reifung: Der Hund erreicht nach und nach seine endgültige Körpergröße und -form. Knochen, Muskulatur und Organe entwickeln sich weiter. Bei großen Rassen kann dieser Prozess bis ins dritte Lebensjahr dauern [1].
- Geschlechtsreife: Rüden beginnen, Hoden zu entwickeln und zeigen oft ein stärkeres Interesse an Hündinnen. Hündinnen werden zum ersten Mal läufig – ein Zeichen, dass sie biologisch fortpflanzungsfähig sind [3].
- Hormonelle Veränderungen: Ein starker Anstieg der Geschlechtshormone, insbesondere Testosteron und Östrogen, beeinflusst auch das Verhalten. Die hormonellen Schwankungen können den Hund zeitweise durcheinanderbringen [4].
Verhaltensänderungen in der Pubertät
Neben den körperlichen Veränderungen fallen besonders die neuen oder verstärkten Verhaltensweisen auf, die mit der Pubertät einhergehen. Typische Pubertätserscheinungen beim Hund sind:
- Phasenweise "Ungehorsam": Kommandos, die der Hund bisher sicher befolgt hat, werden plötzlich ignoriert. Das liegt weniger an Sturheit, als vielmehr an den Umbauprozessen im Gehirn [5].
- Verstärktes Erkundungsverhalten: Die Umwelt rückt stärker in den Fokus. Hunde schnuppern mehr, markieren häufiger (vor allem Rüden), und interessieren sich plötzlich sehr für andere Hunde und Gerüche.
- Grenzen testen: Junghunde probieren aus, wie weit sie gehen können. Sie hinterfragen Regeln, die bisher galten, und fordern ihren Halter damit heraus.
- Plötzliche Ängstlichkeit: Manche Hunde reagieren auf bekannte Situationen plötzlich unsicher oder ängstlich. Dies ist meist vorübergehend und Teil der neurologischen Entwicklung [5].
- Vermehrte Aggression: In Einzelfällen kann es zu aggressivem Verhalten gegenüber Artgenossen oder sogar Menschen kommen, meist im Zusammenhang mit Rangordnungsfragen oder Unsicherheit.
- Sexualverhalten: Rüden werden unter Umständen aufdringlicher, Hündinnen zeigen Anzeichen von Läufigkeit und locken Rüden an.
Diese Veränderungen sind ein natürlicher Bestandteil der Entwicklung – auch wenn sie für Halter manchmal anstrengend und beunruhigend erscheinen.
Die Herausforderungen für Hundehalter während der Pubertät
Viele Hundebesitzer erleben die Pubertät ihres Hundes als Rückschritt in der Erziehung. Es wirkt, als würde der Hund alles Gelernte wieder vergessen. Die Bindung kann auf die Probe gestellt werden, wenn der Hund scheinbar auf Durchzug schaltet oder neue, unerwünschte Marotten entwickelt. Diese Herausforderungen sind aber Teil des natürlichen Entwicklungsprozesses.
- Geduld und Verständnis: Die Veränderungen sind nicht Ausdruck von Unwilligkeit, sondern hormonell und neurologisch bedingt. Halte dir vor Augen, dass diese Phase vorübergeht.
- Konsequenz: Bleibe liebevoll, aber bestimmt. Wiederhole Trainingseinheiten und halte an Regeln fest, ohne zu überfordern.
- Frustrationstoleranz trainieren: Nicht nur der Hund, auch der Mensch muss lernen, mit Rückschritten umzugehen und gelassen zu bleiben.
Sollte dein Hund vermehrt Aggression oder starke Ängste zeigen, ist der Rat eines erfahrenen Hundetrainers oder Verhaltensberaters sinnvoll. Professionelle Unterstützung kann helfen, problematische Entwicklungen früh zu erkennen und gegenzusteuern [6].
Strategien: So begleitest du deinen Hund optimal durch die Pubertät
Es gibt bewährte Strategien, um die Pubertätsphase deines Hundes so harmonisch wie möglich zu gestalten.
1. Konsequente, aber flexible Erziehung
- Bleibe bei den Grundregeln und Kommandos konsequent. Wiederhole bekannte Übungen und festige das Gelernte immer wieder.
- Passe das Training an die Tagesform deines Hundes an. An manchen Tagen ist weniger mehr – überfordere deinen Hund (und dich) nicht.
- Nutze positive Verstärkung statt Strafen. Belohne erwünschtes Verhalten, damit dein Hund motiviert bleibt [7].
2. Ausreichend Bewegung und Beschäftigung
- Körperliche Auslastung hilft, überschüssige Energie abzubauen. Spaziergänge, Apportierspiele oder moderates Hundesporttraining sind ideal.
- Intelligenzspiele, Suchspiele und Nasenarbeit fordern den Kopf und sorgen für mentale Auslastung.
- Achte auf ausreichend Ruhephasen – Pubertierende Hunde brauchen viel Schlaf, um neue Eindrücke zu verarbeiten [8].
3. Förderung der Sozialisierung
- Auch während der Pubertät sollte dein Hund regelmäßig Kontakt zu Artgenossen und unterschiedlichen Menschen haben. So lernt er, mit wechselnden Reizen umzugehen.
- Achte auf positive Begegnungen – vermeide Überforderung, insbesondere bei ängstlichen oder sensiblen Hunden.
4. Ruhe bewahren und gelassen bleiben
- Lass dich nicht von Rückschlägen entmutigen. Die Pubertät ist vorübergehend!
- Ärger oder Panik verschärft die Situation. Ruhe und Nachsicht sind gefragt – dein Hund spiegelt deine Emotionen.
5. Bei Bedarf professionelle Unterstützung suchen
- Wenn Unsicherheiten, Ängste oder Verhaltensprobleme überhandnehmen, ziehe einen qualifizierten Hundetrainer oder Verhaltenstherapeuten hinzu.
Wann endet die Pubertät beim Hund?
Die Pubertät endet, sobald der Hund körperlich und geistig ausgereift ist. Der genaue Zeitpunkt hängt stark von Rasse und individueller Entwicklung ab:
- Kleine Rassen: Häufig schon mit 12 bis 18 Monaten „durch“.
- Mittelgroße Rassen: Zwischen 18 Monaten und etwa 2 Jahren.
- Große und sehr große Rassen: Bis zu 30 oder sogar 36 Monate [1].
Nach der Pubertät stabilisiert sich das Verhalten meist spürbar. Dennoch ist die Erziehung nie abgeschlossen – erwachsene Hunde profitieren weiterhin von Training, Beschäftigung und klaren Strukturen.
Wissenschaftliche Hintergründe: Neurologie und Hormone
Die auffälligen Verhaltensänderungen in der Pubertät sind auch neurologisch erklärbar. Im Gehirn werden in dieser Zeit zahlreiche Synapsen umgebaut, und die "Belohnungszentren" sind besonders aktiv – was impulsives Verhalten begünstigt [5]. Studien zeigen, dass jugendliche Hunde ähnlich wie menschliche Teenager auf Belohnungen und Reize reagieren und dadurch ihre Grenzen austesten [9].
Die hormonellen Schwankungen, insbesondere von Testosteron und Östrogen, beeinflussen zudem die Reizbarkeit und das Sozialverhalten. Auch die Amygdala, das Angstzentrum im Gehirn, ist in dieser Zeit besonders aktiv, was neue oder verstärkte Unsicherheiten erklären kann.
Fazit: Pubertät beim Hund als Chance zur Stärkung der Beziehung
Die Pubertät ist eine entscheidende Phase in der Entwicklung deines Hundes. Sie ist geprägt von Herausforderungen, aber auch von vielen Chancen. Mit Geduld, Verständnis und konsequenter Führung stärkst du nicht nur die Bindung zu deinem Hund, sondern legst den Grundstein für ein harmonisches Zusammenleben im Erwachsenenalter. Bleib gelassen, hole dir bei Bedarf Unterstützung und erinnere dich daran: Jeder Hund durchläuft diese Phase – und sie geht vorüber!
Quellen & weiterführende Literatur
- Overall, K. L. (2013). Manual of Clinical Behavioral Medicine for Dogs and Cats. Elsevier Saunders.
- Wilsson, E., & Sundgren, P. E. (1998). Behaviour test for eight-week old puppies—heritabilities of tested behaviour traits and its correspondence to later behaviour. Applied Animal Behaviour Science, 58(1-2), 151-162.
- Root Kustritz, M. V. (2007). Determining the optimal age for gonadectomy of dogs and cats. Journal of the American Veterinary Medical Association, 231(11), 1665-1675.
- Hecht, J. & Horowitz, A. (2015). Seeing Eyes, Hearing Ears, and Smelling Noses: Differences in Sensory Perception among Dogs. Comparative Cognition & Behavior Reviews, 10, 37-60.
- Mills, D. S., & Hall, S. S. (2014). Teenage dogs? Evidence for adolescent-phase conflict behaviour and an association between attachment to humans and puberty onset. Biology Letters, 10(11), 20140573.
- American College of Veterinary Behaviorists. (2020). Decoding Your Dog: Explaining Common Dog Behaviors and How to Prevent or Change Unwanted Ones.
- Hiby, E. F., Rooney, N. J., & Bradshaw, J. W. S. (2004). Dog training methods: their use, effectiveness and interaction with behaviour and welfare. Animal Welfare, 13(1), 63-69.
- Zanghi, B. M. (2016). Sleep and circadian rhythms in dogs and cats: A review. Veterinary Medicine: Research and Reports, 7, 49–58.
- Bray, E. E., Gnanadesikan, G. E., Horschler, D. J., Levy, K. M., Kennedy, B. S., Famula, T. R., & MacLean, E. L. (2020). Early-emerging and highly heritable sensitivity to human communication in dogs. Current Biology, 30(18), 3261-3267.